Mit der Entwicklung und geschichtlichen Gründung des Ortes Krottorf im Jahre 1238 ist auch die Entwicklung eines Schützenvereines und die Gründung des Schützenvereins Krottorf von 1823 e.V. eng verbunden. Krottorf entwickelte sich im Mittelalter unter kirchlicher und adliger Verwaltung zu einem vorwiegend landwirtschaftlichen Ort. Die Burg stand schon immer im Mittelpunkt des Ortes und durchlebte im Laufe der Zeit zahlreiche Veränderungen. Noch heute lassen der Zustand der Burg mit dem Nebengelass die Reste eines modernen Landwirtschaftsbetriebes erkennen. Hier wurde in hohem Maße Ackerbau und Viehzucht betrieben, viele Menschen fanden hier Arbeit.
Im Vorfeld der Revolution von 1848 kam es in vielen Orten zur Gründung von Schützenvereinen. Zum einen war starkes Interesse an der Ausbildung der damaligen Waffentechnik vorhanden und zum anderen wollte man die Bevölkerung gegen eventuell einfallende Revolutionäre oder andere Feinden schützen. Es ist bekannt, dass im Vorfeld der Revolution ein bestehender Schützenverein Schießübungen an den Wochenenden in Krottorf organisierte.
Der Verein wurde, soweit bekannt, als "Schützenverein Krottorf von 1823 e.V." gegründet. Diese Tatsache beruht auf einer noch existierenden Fahne des Schützenvereines mit gleichnamigem aufgesticktem Namen.
Aus diesen Übungen heraus wurden so genannte Schützenfeste organisiert, bei denen sich die Männer im Schießen messen konnten und als die "besten Schützenkönige" bezeichnet wurden. Hierbei sind Namen wie Beckurs, Strümpel, Ihsecke, Junge, Röper und Niestory bekannt, die noch heute auf einer alten Schärpe zu lesen sind. Geschossen wurde auf dem damaligen Schießstand auf dem Schützenplatz. Anschließend traf man sich zum geselligen Beisammensein auf der Schützenwiese. Diese Tradition wurde bis in die heutige Zeit fortgesetzt.
In alten Unterlagen, von Einwohnern aus Krottorf an den Schützenverein übergeben, fand man ein überaus interessantes Foto, dessen Jahreszahl jedoch nicht bekannt ist. Es zeigt Mitglieder des Krottorfer Schützenvereines vor dem Gasthof "Zum Karpfen". Man hatte sich versammelt, um von dort aus zum "Schießhaus" auf die Pfingstwiese zu marschieren. Bemerkenswert ist dabei der Schriftzug: "Crottorf, Kreis Oschersleben, Regierungsbezirk Magdeburg und Landwehrbezirk-Hauptmeldeamt Halberstadt".
Etwa um 1920 bestand der Verein aus 75 männlichen Vereinsmitgliedern. Durch den Gutsbesitzer Heinz Dettmer wurden große Teile der Flächen im Ort landwirtschaftlich genutzt. Weiterhin gab es auch Mittel- und Kleinbauern in Krottorf sowie ein bescheidenes Handwerk wie Schmiede, Tischlerei und Schlosserei, die ihre Arbeit in der Betreuung der landwirtschaftlichen Betriebe fanden. Dadurch war gegeben, dass alle wichtigen Bauern und Handwerker im Schützenverein organisiert waren.
Während der Zeit des 2. Weltkrieges war die Tätigkeit des Schützenvereines eingestellt. Von 1945 bis 1949 stand der Ort unter ständiger sowjetischer Verwaltung, so dass auch während dieser Zeit keine größeren Aktivitäten stattfanden.
Im Jahr 1949 bot sich die Gelegenheit, die Entwicklung des Schützenvereines in etwas anderer Form weiterzuführen. Die alte Tradition erwachte wieder und mit ihr kamen eine Reihe neuer Ansichten. Aus dem Schützenfest und der so genannten "Männerdomäne" wurde es nun auch Frauen und Mädchen möglich, im Schützenverein mitzumachen. Das Schützenfest hieß jetzt "Volks- und Schützenfest" und zielte auf eine veränderte, fröhliche Atmosphäre auf dem Schützenplatz ab. Es wurde ein neues Zelt angeschafft, darin gefeiert und jährliche Majestäten gekrönt, die im Vorfeld auf dem Luftgewehrschießstand im Wettbewerb ermittelt wurden.
Mit der Einrichtung einer Lehrlingsausbildung im damaligen Elektrizitätswerk im Jahre 1951 kam es in der Freizeitgestaltung der dort wohnenden Lehrlinge zu einer parallelen Entwicklung im Schützenwesen von Krottorf. Hier machten verschiedene Sportgruppen unter Führung der damaligen Gesellschaft für Sport und Technik (GST) mit Waffen ihre Übungen. Auch der Schützenverein Krottorf von 1823 setzte seine Arbeit unter der Führung der GST fort und bestand zum damaligen Zeitpunkt aus etwa 80 Mitgliedern.
Mit dem Jahr 1989 kam die politische Wende. In der Ausbildungsstätte Krottorf wurde ein neuer Schützenverein gegründet, der jedoch nur ein Jahr bestand. Im Vordergrund stand die betriebliche Ausbildung, so dass dieser Verein keine Chance hatte. Der Krottorfer Schützenverein hingegen setzte seine Tradition unter dem Begriff "Volks- und Schützenfest" fort. Eine Neugründung des Vereines gab es in diesem Zusammenhang nicht.
Die Arbeit wurde den bundesdeutschen Vereinsregeln angepasst, Gesetze und Richtlinien in der neuen Satzung verankert. Anfänglich wurde der Verein von einigen Schützen der Ausbildungsstätte verstärkt und konnte seinen Mitgliederbestand von 75 Schützen aus der Zeit von 1920 wieder erreichen. Allerdings konnte der Verein diese Zahl nicht halten, vor allem fehlte es am dringend benötigten Nachwuchs.
Heute besteht die wichtigste Aufgabe des Vereines darin, die Pflege des Schießsports zu erhalten. Als Vereinsvorsitzende agierten dabei Heinz Junge und Karsten Junge, derzeitig amtiert in dieser Position Michael Hecht. Mit besonderen Leistungen warteten in den vergangenen Jahren insbesondere weibliche Sportschützen wie Julia Schmiedke, Katrin Brünnecke, Katrin Zucker und Michelle Becker auf. Auch bei Kreismeisterschaften erreichten die Krottorfer Schützen vordere Platzierungen.
Das heutige Areal der Schützen umfasst den Schützenplatz und ein Schützenhaus, wobei ein Luftgewehrschießstand mit drei Bahnen angebaut wurde. Neben der Weiterführung der Tradition des Krottorfer Schützenwesens möchten die Schützenschwestern und Schützenbrüder auch das kulturell Leben im Ort gestalten.
Quelle: www.volksstimme.de am 08.02.2012